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Europäische Saatgutbewegung ruft auf: "Hoch die Gabeln" für die Vielfalt!

Internationale Petition fordert EU-Institutionen auf, den Vorschlag für das neue EU-Saatgutrecht zu überarbeiten

Brüssel, Florenz, Schiltern – Am 15. November starteten mehrere Organisationen der Saatgutbewegung die EU-weite Petition „Raise our forks for diversity“. Sie fordern deutliche Verbesserungen des Vorschlags zu einem neuen EU-Saatgutrecht, den die EU-Kommission im Juli 2023 vorgelegt hat. “Wir fordern die Abgeordneten zum Europäischen Parlament und die EU-Agrarminister:innen auf, dafür zu sorgen, dass das Saatgutrecht die Vielfalt auf den Feldern und in den Gärten stärkt und die Grundlage für ein nachhaltiges, widerstandsfähiges sowie vielfältiges Saatgut- und Lebensmittelsystem in Europa schafft”, so Magdalena Prieler, Referentin für Saatgutpolitik der österreichischen Organisation Arche Noah in Brüssel.

„Die Reform des EU-Saatgutrechts ist eine wichtige Entscheidung für die Zukunft unserer Lebensmittel und der Landwirtschaft. Erheben wir unsere Gabeln für die Vielfalt auf unseren Feldern und Tellern und gegen Gesetze, die nur der Agrarindustrie dienen“, fordern die Organisationen: „Jede Stimme für die Vielfalt, jede Unterschrift zählt jetzt!“

 Die Hauptforderung der Petition: Vielfalt muss oberste Priorität im EU-Saatgutrecht sein 

Der aktuelle Vorschlag gefährdet die Erhaltung und Verbreitung der Kulturpflanzenvielfalt und missachtet das Recht der Bäuer:innen auf ihr eigenes Saatgut. Bei den umstrittenen Regeln, die nun neu verhandelt werden, handelt es sich um die „EU-Saatgutrechtsverordnung“, also um die Regeln für den EU-Saatgutmarkt. Das derzeit geltende Recht wurde in den 1960er Jahren eingeführt und setzt Standards, die eigentlich r die industrielle Landwirtschaft entwickelt wurden. Vielfältiges Saatgut und diversifizierte Sorten wurden weitgehend verboten oder in Nischen verbannt und je nach EU-Mitgliedstaat mit einem übermäßigen bürokratischen Aufwand belastet. Akteur:innen der Agrarindustrie drängen darauf, dass die neuen Vorschriften noch weiter in Richtung eines industriell einförmigen Agrarmodells gehen.

„Mit dem Kommissions-Vorschlag für ein neues Saatgutrecht laufen wir Gefahr, dass globale Konzerne die Kontrolle über unsere Lebensmittel erlangen. Er belastet die wichtige Arbeit der Saatguterhalter:innen übermäßig und missachtet das Recht der Bäuer:innen auf ihr eigenes Saatgut. Viele Akteur:innen der Vielfalt müssten ihre Arbeit aufgeben, die Kulturpflanzenvielfalt würdeirreparablen Schaden nehmen. Solche Regeln sind gerade in Zeiten von Klima- und Biodiversitätskrise völlig untauglich für unsere Zukunft. Der Vorschlag ist inakzeptabel“, sagt Magdalena Prieler von Arche Noah.

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig hat jetzt viel zu tun: Er muss das bäuerliche Recht auf Saatgut in der EU einfordern und die Kulturpflanzenvielfalt vor Überregulierung und Patenten schützen! Die Vielfalt ist unsere Versicherung für die Herausforderungen von morgen“, so Prieler. Minister Totschnig ist nun gefordert, die Anliegen der Saatgutbewegung in den EU-Rat zu tragen, um Bäuer:innen und so auch Konsument:innen vor der Agrarindustrie zu schützen.

Riccardo Bocci, Geschäftsführer von Rete Semi Rurali in Italien, einem Saatgutnetzwerk, in dem 40 italienische Organisationen zusammengeschlossen sind, ergänzt: „Die Landwirtschaftsminister:innen und das EU-Parlament müssen jetzt handeln. Sie müssen die Vielfalt unserer Saatgutsysteme fördern, indem sie spezifische Ausnahmeregelungen im neuen Saatgutrecht zulassen! Der Vorschlag muss die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Biodiversität in landwirtschaftlichen Betrieben unterstützen, einschließlich neuer Sorten, die durch partizipative und dezentrale Züchtungsprogramme für lokale Bedingungen entwickelt werden. Saatgutvielfalt ist der Schlüssel zu gesunden, vielfältigen und schmackhaften Lebensmitteln. Es ist an der Zeit zu handeln, um endlich die Vielfalt auf den Feldern und in den Gärten zu verbessern, lokale Sorten zu fördern und die bäuerlichen Rechte zu respektieren. Allerger:innen können jetzt gemeinsam mit uns ihre Gabeln und Stimmenr die Vielfalt erheben.“

Die Petition fordert:

  • Die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der lokal angepassten Kulturpflanzenvielfalt muss in den europäischen Saatgut-Gesetzen oberste Priorität haben!
  • Völkerrecht sichern: Ernte, Weitergabe, Tausch und Verkauf von eigenem Saatgut müssen für Bäuer:innen und Gärtner:innen weiterhin legal möglich sein!
  • Die Vermarktung von vielfältigen und lokal angepassten Sorten durch regionale Saatgut-Produzent:innen muss erleichtert werden!
  • Neu zugelassene Sorten dürfen nicht von Pestiziden oder synthetischen Düngemitteln abhängig sein.

Die Petition ist derzeit in Englisch, Flämisch/Niederländisch, Deutsch und Italienisch verfügbar. Zum Auftakt unterstützen die Kampagne Arche Noah (Österreich/Brüssel), ProSpecieRara Deutschland (Deutschland), Rete Semi Rurali (Italien), Vitale Rassen (Belgien) sowie weitere belgische und niederländische Organisationen.Weitere Sprachversionen werden zu einem späteren Zeitpunkt verfügbar sein.

www.hochdiegabeln.at